Internierungslager: Zeitzeugen |
Wilhelm Rott
Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von © Bettina Rott. |
Predigt über Psalm 16Morgengottesdienst am Mittwoch, 28.1.45; gehalten in der Lagergemeinde Moosburg von Pfarrer Wilhelm Rott Psalm 16 "Ein güldenes Kleinod Davids." 1 Bewahre mich, Gott; denn ich traue auf dich. Dieser 16.Psalm, ein gülden Kleinod Davids, ist uns nach der Bibellese vorgeschrieben, in der Woche zwischen Totensonntag und Advent zu lesen und zu betrachten, und fürwahr, er ist wirklich ein gülden Kleinod Davids, wie Luther übersetzt hat. Gleich der erste Vers mit seinem kurzen Gebetsruf: „Bewahre mich Herr, dass ich traue auf Dich!“ ist ein überaus köstlicher Vers. Es dauert wohl ziemlich lang und Gott und sein Geist müssen schon an uns gewirkt haben, bis wir endlich einsehen, dass es nicht das Ziel unseres Lebens ist und dass wir nicht darum hier auf Erden sind, um glücklich oder reich zu werden oder um erfolgreich zu sein, sondern dass es der Weisheit letzter Schluss ist, zu erkennen, dass wir bewahrt werden. Bewahrt zu werden, das ist in der Tat das Köstlichste, was uns geschehen kann. Und nun auch noch bereitet werden durch den Heiligen Geist zu dem Gebetsruf „Bewahre mich Gott!“, das ist etwas überaus Köstliches. Wie die kleinen Kinder von ihren Müttern bewahrt werden, so bittet der Psalmist David, der Verfolgte, Gott, dass er bewahrt werde in allen Nöten und Verfolgungen, so bewahrt werde, dass er nachher erkennen kann: „Ja, Dein Weg, Gott, war heilig, er aber war der Weg des Friedens.“ „Bewahre mich Gott, denn ich traue auf Dich!“ Beides hängt ja miteinander zusammen, dass du nun zu Gott hinläufst, dass du das offene Tor der festen Burg unseres Gottes siehst und nun sagst: Ich traue auf Dich, d.h. ich nehme meine Zuflucht unter dem Schatten Deiner Flügel. Meine Zukunft ist bei Dir, und gerade im Blick auf den Gott, der die Arme weit ausgebreitet hat, auf den Gott, vor dem ich bekenne: Ich traue auf Dich, ich verlasse mich auf Dich. Dann kann man auch wirklich beten: „Bewahre mich, Gott!“ Und nun wird dieses Bekenntnis ausgeführt. Derjenige, der hier vor Gott steht und bittet in all seinen Nöten und Verzweiflungen, der sagt: „Ich habe gesagt zu dem Herrn: Du bist ja der Herr, ich weiß von keinem Gute außer Dir!“ Man könnte dies wiederum die Urform jeden echten Bekenntnisses nennen. Ich stehe vor dem Herrn und nun werde ich überwältigt von dem Glanz und seiner Gnade und Wahrheit, nun wird mein Mund bereitet zu dem Bekenntnis, nachdem sich mein Herz geöffnet hat für das Wirken des Geistes: Ich habe gesagt zu dem Herrn: Du bist ja der Herr, ich weiß von keinem anderen Gut außer Dir! Gott der Herr, das Gut der Güter, das höchste Gut, das einzige Gut. Niemand ist gut denn der einzige Gott. Alles, was wir auf Erden gut nennen, ist darum gut, weil er damit zu tun hat, weil er seine Hand darauf gelegt hat. „Ich habe gesagt zu dem Herrn: Du bist ja der Herr, ich weiß von keinem anderen Gute außer Dir!“ Achtet meine Kameraden, doch sehr auf die Voraussetzung gerade auch des rechten Bekenntnisses! Die Voraussetzung ist die, dass wir wirklich überwältigt von dem Gut aller Güter sagen können: „Ich weiß von keinem anderen Gut, ich will von keinem anderen Gut wissen.“ „Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nicht nach Himmel und Erde. Ob mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist doch Du, Gott, allzeit meines Herzens Trost und mein Teil.“ So birgt sich hier der Beter auf den Felsen der Wahrheit und in die ewigen Arme der Gnade unseres Gottes. Er blickt auf, weg von den Menschen, weg von allen Verhältnissen, die ihn beengen, er blickt hier weg von den bösen Erfahrungen, die er auf der Verfolgung gemacht hat, und schaut zu Ihm auf, schaut auf zu der festen Burg unseres Gottes, und so wird er bewegt in seinem Herzen zu dem freudigen Bekenntnis und will jetzt gar nichts anderes als das eine: „Bewahre mich, Herr, es mag kommen, was da will, aber bewahre mich in Deiner Gnade und in deiner Wahrheit, dass mein Weg wirklich endet bei Dir, der Du die feste Burg, der Du meine Zuflucht bist!“ Und dann fällt der Blick des Beters, der sich so ganz versenkt hat in das Gut aller Güter, nach links und nach rechts. Er sagt, diejenigen, die hier auf Erden wie ich auf Gott trauen und zu seiner Gnade Zuflucht nehmen, das sind die Heiligen, die Gott Gehörigen, und die Heiligen sind die Herrlichen, auf denen der Glanz der Herrlichkeit Gottes ruht, an denen habe ich all’ mein Gefallen. Nun freut er sich an der Gemeinschaft und Bruderschaft derer, die mit ihm auf Gott trauen. Es ist die Gemeinschaft der auf Gott Trauenden, der wahrhaft Glaubenden, auf die der Blick des Beters fällt, sodass er sagt, an ihnen habe ich all mein Gefallen, an sie will ich mich halten; das ist meine Hilfe in aller Not, dass mein Blick fallen darf auf sie, die mit mir Gott anbeten im Geist und in der Wahrheit, denn sie sind es, die sich von den anderen abheben, die einem anderen nachjagen, die den Götzen, die eitle Ehre, dem Erfolg und dem Geld nachjagen, der Ehre bei den Menschen, dem Ansehen, und ihr Herz darauf gründen. Sie werden durch dieses den Götzen Nachjagen viel Herzeleid haben. Sie drücken sich selbst den Pfeil des Herzeleids in ihr Herz hinein. Er, der Beter will mit ihnen und ihrem verkehrten Weg nichts zu tun haben und sagt, wenn sie nun auch ihren Götzen opfern, ja, große Opfer bringen, so will ich mich nicht unter sie mischen, ich will noch nicht einmal den Namen all’ der Güter, die für die die letzten Güter sind, im Munde führen, sondern ich will mich ganz von allen diesen falschen Namen abkehren zu dem, der der Name ist. Der Name des Herrn ist ein festes Schloss, der Gerechte läuft dahin und wird beschirmt, der Herr ist aber mein Gut und mein Teil. Du erhälst mein Erbteil. Hier habe wir wieder das Wort, an das wir gerade in dieser Zeit des Kirchenjahres denken: uns ist das ewige Erbe, der neue Himmel und die neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt, bereitet. Das ist uns sicher, wenn wir uns nur auf Gott vertrauend von ihm bewahren, führen und tragen lassen. So wird der Beter, der Verfolgte, immer mehr bereitet zum Lobpreis des Namens des Herrn: „Ich lobe den Namen des Herrn, der mir geraten hat.“ An stelle von Nieren würden wir heute setzen müssen „Gewissen“. Mein Gewissen treibt mich dazu an, den Herrn zu preisen, der mein Erbteil ist, der mir mein Erbteil zugemessen hat Gott selbst ist mein Erbteil. Ich habe den Herrn allzeit vor Augen, denn er ist mir zur Rechten, so werde ich festbleiben. Seht, dieser Herr, der mein Erbteil ist, ist ja nicht fern, sondern er springt mir zur Seite, er ist mein Begleiter, und weil ich weiß, dass eine Hand mich hält, so werde ich fest bleiben. Wir denken bei der Auslegung dieses Verses an den schönen Vers von Conrad Ferdinand Meyer: (Die Rechte streckt ich schmerzlich oft Was Gott ist, wird in Ewigkeit Also der Druck meiner Rechten durch den, der mir zur Rechten geht, ist es, der mich überführt, dass ich einen starken Herrn habe, der meine Zuversicht und meine Burg ist. Darum freut sich mein Herz und meine Ehre ist fröhlich, auch mein Geist wird sich erheben. Und nun mündet der Psalm aus und darum lesen wir ihn gerade in dieser Zeit des Kirchenjahrs: Die Fluten des Todes brausen heran, der verfolgte Beter sieht, wie er umgeben ist von Netzen, wie er gehetzt wird, wie das Todesverhängnis nach ihm greift. Aber der Herr ist zu seiner Rechten und nun weiß er, der Herr ist mein Erbteil, das bedeutet, er ist der Lebendige und wenn der Lebendige bei mir ist und sich mit mir verbündet und verbindet, dann bin ich im Leben; „denn Du wirst meine Seele nicht dem Tode lassen und nicht zugeben, dass Dein Heiliger verwese. Du tust mir kund den Weg zum Leben, vor Dir ist Freude die Fülle und liebliches Wesen zu Deiner Rechten ewiglich.“ Vielleicht kennen wir diese beiden Verse und haben sie in unserer Jugend auswendig gelernt. Jetzt aber wollen wir sie wirklich bewegen in unserem Herzen. Ja, Gott ist unser Erbteil, er ist das Leben wie er der Gute und das höchste Gut ist, und nun heißt es, wenn mein Leib auch wirklich verwest, ich bin bei ihm. Kohlbrügg hat einmal gesagt: „Wenn ich gestorben bin und ihr findet meinen Schädel, so soll dieser Schädel noch predigen: Ich habe keine Augen und dennoch sehe ich Dich, ich habe keinen Mund und dennoch preise ich Dich!“ Das ist die gewisse Hoffnung des ewigen Lebens im Angesicht des Lebendigen, und darum, weil unser irdisches Leben von so vielen Gefahren bedroht ist, vom Tod und all’ seinen Vorboten, von dem Hass der Menschen, von der Krankheit und all’ den Widrigkeiten, weil eben unser Leben offenbar ist und im Glanze jenes „Lebens Gottes“ steht, darum Freude die Fülle und liebliches Wesen zu Deiner Rechten. Ja, Gott ist mein Teil, ich weiß von keinem anderen Gut außer Dir. Er ist der Lebendige, bei ihm ist Freude und bei ihm ist Glanz. Lasst uns immer wieder mitten in allen unseren Nöten und Widrigkeiten, mitten auch im Versagen unseres Herzens und Lebens auf ihn blicken, der uns zur Rechten geht, lasst uns immer aber beten: Bewahre mich, Herr! Das heißt jetzt: Bewahre mich entscheidend vor dem Unglauben, dem Halbglauben, dem Missglauben! Bewahre mich davor, dass ich mit den Anderen anderen Gütern und Gaben, anderen Göttern und Götzen nacheile! Bewahre mich vor den Tücken meines eigenen Herzens, bewahre mich vor dem Wahn, dass ich mich selbst führen und leiten könnte! Nimm Du mich an Deine Hand, führe Du mich! Sei Du derjenige, der mein Leben lenkt und leitet! Bewahre mich aber, wie die Mutter ihre kleinen Kinder bewahrt, so muss ich wirklich bewahrt werden. Gebe Gott, dass wir, je älter wir werden, umso mehr zu der Erkenntnis geführt werden, dass es wirklich das Höchste ist, bewahrt zu werden von der Güte und der Treue unseres Gottes, der das Leben ist und der auch für uns das Leben bereit hat in der Herrlichkeit. Amen. Gebet: Bewahre mich, Gott, vor allem Übel des Leibes und der Seele, ich traue auf Dich! Bewahre unter dem Schatten Deiner Flügel auch alle unsere Lieben nah und fern! Bewahre sie und uns an diesem Tag, dass uns kein Übel des Leibes und der Seele treffen mag, nicht Pestilenz, die im Finstern schleicht, nicht der Pfeil des Bösen, nichts, das auf uns abgezielt wird. Bewahre uns vor allem Übel! Bewahre Kirche, Volk und Vaterland und alle seine Stände! Bewahre Kranke und Sterbende, Mutlose und Verzweifelte! Bewahre uns in all’ unserem Tun und Lassen, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christo Jesu, unserem Herrn! Amen. Quellen:
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