Ein Projekt von Moosburg Online und dem Bürgernetz Tschuwaschien

Geschichte des Lazaretts 3064
Zeitzeugen
Bilder aus dem Lazarett 3064
Liste deutscher Kriegsgefangener

In diesem Krankenhaus waren im Zweiten Weltkrieg deutsche Kriegsgefangene untergebracht.

Zwischen 1943 und 1945 hat der Arzt Siegfried Gustav Krause (geb. 1913) dort gearbeitet.
Weiterhin ist eine Liste von 254 deutschen Kriegsgefangenen erhalten, die in dieser Zeit in Belovolschsk gestorben sind.

 Geschichte des Lazaretts 3064 in Belovolschsk

Von Nadja Platonova

Es gibt in der Tchuwaschischen Republik in der Stadt Koslovka ein altes Krankenhaus, das in einer schönen Umgebung auf dem Territorium des ehemaligen Dorfes Belovolschsk liegt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde hier ein Lazarett für Kriegsgefangene eingerichtet. Vom 10. März 1943 bis zum 3. April 1943 kamen im Lazarett 811 Kriegsgeplangene an. Es waren Vertreter verschiedener Nationalitäten. Unter den Kriegsgefangenen waren: 229 Deutsche, 104 Italiener, 354 Rumänen, 2 Finnen, 68 Ungarn, 10 Juden, 3 Russen, 13 Jugoslawen, 8 Polen, 1 Weißrusse, 1 Franzose, 7 Österreicher, 1 Däne, 2 Holländer, 1 Lette, 2 Esten.

Fast alle waren schwer krank. Die Menschen litten an Typhus, Dystrophie und Ruhr. 179 Kriegsgefangene starben. Unter ihnen waren: Walter Lemm (Unteroffizier), Hubert Kuhn (Gefreiter aus Berlin), Obert Hotz (Obergefreiter), Otto Zersohn (Gefreiter), Max Loid (Gefreiter), Ludwig Horbelt (Gefreiter), Hubert Schweike (Gefreiter), Johann Schmidt (Gefreiter). Sie wurden im Dorf Belovolschsk und auf der Station Tjulerma in einem Massengrab begraben. Obwohl das Lazarett ziemlich groß war (es umfaßte sechs Gebäude), war die Zahl der Kriegsgefangenen viel größer als die Zahl der Plätze. Der Mangel an Betten führte dazu, daß die Menschen gezwungen waren, in zwei zusammengestellten Betten zu fünft oder zu sechst zu schlafen. Es sei betont, daß die Kriegsgefangenen trotz aller Schwierigkeiten gut genug gepflegt wurden. Dafür sorgte der Vorgesetzte des Internierungslagers (des Lazaretts für Kriegsgefangene) Nikolaj Sokolov. Er hat sich um regelmäßige Nahrungsmittellieferungen bemüht. Außerdem hat er auf dem Territorium des Lazaretts eine Hilfswirtschaft organisiert. Diese Hilfswirtschaft versorgte Kriegsgefangene mit Obst und Fleisch. Die Zahl der Ärzte und Spezialisten für wirtschaftliche Tätigkeit reichte nicht aus, darum wandte sich die Administration an die Hilfe der Kriegsgefangenen. Bis jetzt spricht man gut von den deutschen Ärzten Siegfried Krause, Bernhard Brummer und Krausenhart. Sie arbeiteten mit den russischen Ärzten zusammen. Alle genannten Personen waren hochgeachtet, darum blieben sie im Lazarett bis zur Schließung am 23. März 1946.

Sie wurden dann nach Mordovija gebracht. Besonders anerkannt von den Kriegsgefangenen und den russischen Ärzten war Siegfried Krause. Z. Karpova und A. Smirnova, die während des Krieges im Lazarett gearbeitet haben, erzählen: "Krause war ein erfahrener Arzt. Jeden Tag untersuchte er die Kranken, stellte die Diagnose und verordnete die Kur. Seine Diagnosen stellten sich immer als richtig heraus. Verantwortungsvoll erfüllte er seine Pflichten."

Siegfried Krause wurde im Jahre 1913 im Dorf Kaloeda geboren. Von klein auf interessierte er sich fur Medizin. Später absolvierte er die Universität und wurde Internist. Als Arzt wurde er zum Kriegsdienst einberufen. Er geriet in Stalingrad in Gefangenschaft. Im Lazarett für Kriegsgefangene arbeitete er zusammen mit der Ärztin Z. Karpova in der therapeutischen Abteilung. Zusammen mit dem russischen Arzt Pavel Suslikow arbeitete Bernhard Brummer. Sie sorgten für die Schwindsüchtigen, die in die vierten Abteilung untergebracht waren.

Es ist bekannt, daß man während des Krieges ein Feindbild propagierte. So haben die Russen eine Vorstellung bekommen, daß die Deutschen grausame Fanatiker und Henker waren. Aber die Ärzte teilen die Menschen nicht in Freunde und Feinde. Und die Kriegsgefangenen verstanden, daß gerade die russischen Ärzte ihr Leben retteten. Zwischen ihnen und Rettern entstand ein vertrauensvolles Verhältnis. Besonders hingen die Kriegsgefangenen an den Krankenschwestern Schura Andreeva, Olga Malitschkina, Tonja Eremeewa und Tonja Tschapajeva. Sie waren durch ihre Herzensgüte und Gewissenhaftigkeit bekannt.

Man kann sogar sagen, daß das ganze Lazarett wie eine große Familie lebte. Regelmäßig wurden auf Vorschlag der Krankenschwester Galina Ternuk Konzerte veranstaltet, im Winter im Klubgebäude, im Sommer neben dem Brunnen. Diesen Brunnen haben die Kriegsgefangenen selbst eingerichtet.

Bedauerlicherweise befindet sich heute das ehemalige Lazarett in beklagenswertem Zustand. Gebäude bedürfen der Renovierung. Aber sie gehören zu unserer Geschichte, und wir sollen sie nicht vergessen. Es wäre gut, wenn eine Gedenktafel uns immer daran erinnern würde. Zum Andenken an die tragischen Geschehnisse sollte man auch einen Grabstein auf dem Massengrab errichten.

 Zeitzeugen

Dr. Norbert Bundscherer

Die Erinnerungen des Kriegsgefangenen Dr. Norbert Bundscherer stehen, was die Verhältnisse im Lazarett betrifft, in krassem Gegensatz zum Bericht von Nadja Platonova.

 Bilder aus dem Lazarett 3064 in Belovolschsk

Lazarett 3064 in Belovolschsk

Das von deutschen Kriegsgefangenen gebaute Solarium

Lazarett 3064 in Belovolschsk

Der von deutschen Kriegsgefangenen gebaute Brunnen

 Liste deutscher Kriegsgefangener in Belovolschsk