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Stalag VII A: Begegnungen

Begegnungen mit ehemaligen Kriegsgefangenen in Moosburg

In einer Nachkriegsbetrachtung des Stalag VII A kann festgestellt werden: aus einstigen Feinden sind Freunde geworden. Zu Tausenden kamen ehemalige Kriegsgefangene verschiedenster Nationen in den letzten fünfzig Jahren - manche schon des öfteren - zurück an jene Stätte, wo sie fern der Heimat hinter Stacheldraht festgehalten worden waren. Schon bald nach 1945 kamen die ersten Besucher, einige Polen, überwiegend Franzosen. Die zweitgrößte Gruppe der Rückkehrer stellten zweifellos die Amerikaner, die das "Camp" aufsuchten. Alles in allem ist dies eine Bestätigung dafür, daß die "Prisonniers des guerre" oder die "Kriegies", wie sich die US-Soldaten selbst nannten, keinen so schlechten Erinnerungen an diese Zeit haben.

Ein entgegenkommendes, hilfsbereites Verhalten der Zivilbevölkerung sowie eine korrekte Behandlung durch die Wachmannschaften haben dazu beigetragen. Vielfach wurde von Ausländern bestätigt, daß sie im Moosburger Lager keinen Mißhandlungen ausgesetzt waren. Im vorstehenden Bericht soll in Einzelschicksalen und im allgemeinen dargestellt werden, wie man sich von jeder Seite um Versöhnung bemüht und damit einen Beitrag zum Frieden zwischen den Völkern geleistet hat.

Von der Barackenstadt der Jahre 1939/45 ist nicht mehr viel übriggeblieben, weil auf dem Gelände inzwischen ein neues Stadtviertel entstanden ist. An einigen Überresten können sich die "Ehemaligen" dennoch orientieren, wobei sie meist über so manches Erlebnis aus der Kriegszeit etwas zu erzählen wissen. Nicht selten bringen sie alte Fotos oder Zeichnungen mit, die heute als wertvolle Dokumente zu betrachten sind. Wenn sie von Einheimischen geführt und informiert werden, sind sie äußerst dankbar und beim Abschied oftmals zu Tränen gerührt.

Mit den Franzosen gab es eine Reihe offizieller Begegnungen. Erwähnt sei deren "Invasion" im Jahre 1965, als zwei Jahre nach der Einweihung des Gedenkbrunnens über 750 Personen aus dem Nachbarland erschienen. Es gab Hinweise auf die unvermeidlichen Entbehrungen während der Gefangenschaft, aber auch darauf, daß selbst in dunklen Kriegstagen zwischenmenschliche Verständigung möglich war.

Ab den sechziger Jahren besuchten immer mehr US-Bürger Moosburg und das Lager. Im Frühjahr 1980 tauchten überraschend sogar zwei Kanadier auf, einer davon bereits zum zweiten Male. Besonders bemerkenswert war deren versöhnliche Geste in der Form, daß sie sowohl am Brunnen in der Neustadt als auch am deutschen Kriegerdenkmal Blumengebinde niederlegten. Aus Essex in England kam ein Brief, in dem sich ein ehemaliger Afrikakämpfer, der in Italien in deutsche Gefangenschaft geraten war, später zurückmeldete. Er war acht Monate im Stalag VII A gewesen und dort gut behandelt worden, wie er ausdrücklich betonte.

Bewundernswert war die Tour eines Mannes, der sich. unter geradezu abenteuerlichen Umständen 1990 vom ukrainischen Lvov (Lemberg) nach Bayern begab. Als sowjetischer Leutnant war er von den Deutschen gefangengenommen und in Moosburg festgehalten worden. Dem ausgesprochen aufgeschlossenen und intelligenten Mann, von Beruf Bauingenieur und Hochschuldozent, war es ein dringendes menschliches Anliegen, diese Reise in die Vergangenheit zu unternehmen. Die bayerische Gastfreundschaft bewog ihn, ein zweites Mal zu kommen. Leider verstarb er bereits vor einigen Jahren.

Das Archiv der Stadt Moosburg hat unter Juni 1979 ein Wiedersehen mit einer größeren Gruppe von Franzosen aus der Region Lyon registriert. Wie bei anderen derartigen Gelegenheiten wurde auch hier vom Sprecher der Besuchergruppe zum Ausdruck gebracht, daß die Jahre der Gefangenschaft niemals vergessen würden. Das Zurückdenken erfolge aber ohne jegliche Voreingenommenheit gegenüber den Deutschen, die in jener Zeit doch ebenfalls viel leiden hätten müssen. Das Beispiel Moosburg dürfe für alle Generationen als Vorbild aufrichtiger Freundschaft in einer friedlichen Zeit gewertet werden.

Ansonsten ist noch zu berichten, daß sich auch viele Angehörige anderer Nationalitäten wie Norweger, Mexikaner, Australier und Neuseeländer in der Dreirosenstadt eingefunden haben. Unter ihnen waren nicht selten prominente Persönlicheiten, so zum Beispiel der Astronaut, der sehen wollte, wo sein Schwiegervater im "Camp" gelebt hatte. Nicht als POW's sondern vielmehr als "Liberators" kehrten vor zwei Jahren Soldaten der 14. Panzerdivision im Rahmen eines Europatrips an den Ort der Befreiung ihrer Landsleute zurück. Irgendwie passen auch sie in das versöhnliche internationale Bild, das vom einstigen Stammlager VII A in Moosburg an der Isar übriggeblieben ist. - Walter Beer


Anfang Quelle:

  • Das Kriegsgefangenenlager STALAG VII A Moosburg in Oberbayern. Hrsg.: Stadt Moosburg a. d. Isar. Redaktion: Anton Neumaier. Mitarbeiter: Walter Beer, Franz Binn, Andreas Beer, Anton Neumaier. Moosburg 1995, S. 123f.

    Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der © Stadt Moosburg.

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Text: Walter Beer - Zuletzt bearbeitet am 31.1.1999 vom © WebTeam Moosburg (E-Mail) - Es gilt das Urheberrecht!